Das Landgericht Berlin (28 O 483/17), bestätigend Kammergericht Berlin (21 U 21/19), hat eine Entscheidung getroffen, die sehr deutlich auf eine Unsitte beim „Hauskauf“ hinweist.

Der Sachverhalt:

Die Beklagten des vorbezeichneten Verfahrens besuchten eine Fertighaus-Ausstellung. In dem Musterhaus eines großen deutschen Anbieters trafen sie einen Verkaufsberater an. Sie wussten nicht, dass dieser Verkaufsberater überhaupt nicht bei dem großen Unternehmen beschäftigt war, sondern in Wahrheit selbstständiger Handelsvertreter war. Der verdiente sein Geld, wenn er einen Vertrag vermittelte.

Die Beklagten des Verfahrens berichten, dass ihnen dann ausgerechnet worden sei, was so ein Haus koste, was man da an Ausstattung hinein tun könne. Man müsse also eine Reservierung unterschreiben, um zum einen den Preis zu sichern und darüber hinaus, um die günstigen Grundstücksangebote, über die dieses Unternehmen verfüge, in Anspruch nehmen zu können. Genau das war ein großes Problem, nämlich ein vernünftiges Grundstück zu bekommen. Es wurde zugesagt, dass das Gebäude höher als eigentlich vorgesehen gebaut wird und das kostenlos, wenn man die Reservierung sofort unterzeichne. Die Interessenten wiesen darauf hin, dass sie ja nichts unterschreiben könnten, ohne ein Grundstück und ohne eine Finanzierung zu haben. Sie wollten sich eigentlich nur erkundigt haben, mehr nicht. Der „Verkaufsberater“ berichtete dann, dass sei alles kein Problem. Es handele sich um eine unverbindliche Reservierung, von der man sich jederzeit wieder lösen könne.

Die Interessenten unterschrieben einen mehrseitigen, kleingedruckten Vertrag in der Annahme, das sei nur eine Reservierung.

Es stellte sich dann heraus, dass es überhaupt keine besonderen Grundstücke gab, die angeboten wurden, sondern es wurden nur Grundstücke benannt, die allgemein im Internet verfügbar waren. Es konnte auch kein Grundstück gefunden werden. Der Grundstücksmarkt war bereits zum Zeitpunkt des Abschluss des Vertrages so angespannt, dass ein Grundstück zu vernünftigen Konditionen, auf das das geplante Haus hätte errichtet werden können, nicht gefunden werden konnte.

Daraufhin wurden die Interessenten von dem Unternehmen in Anspruch genommen, und zwar auf Zahlung von 10% des Kaufpreises als Entschädigung dafür, dass sie das Haus nicht abgenommen haben. Irgendeine Gegenleistung hat das Hausbau-Unternehmen nicht erbracht, weder Planungsleistungen noch die Zurverfügungstellung eines Grundstückes oder auch nur nachvollziehbare Baupläne. Es gab keinerlei Leistung. Die 10 % sollten nur als Schadensersatz gezahlt werden.

Das Landgericht Berlin hat die Klage abgewiesen und darauf verwiesen, dass diesem Zahlungsanspruch, der sich aus dem Regelwerk des unterzeichneten Vertrages ergab, der natürlich nicht nur eine Reservierung, sondern ein vollständiger Vertrag über die Errichtung eines Hauses war, Schadensersatzansprüche der Interessenten entgegen ständen, und zwar in gleicher Höhe. Der Handelsvertreter, dessen sich hier die Hausbaufirma bediente, habe es unterlassen, die Interessenten über eine Zahlungspflicht bei Kündigung ausdrücklich hinzuweisen. Das müsse sich das Unternehmen zurechnen lassen.

Vertragsverhandlungen führten bereits zum Zustandekommen des sogenannten vorvertraglichen Vertrauensschuldverhältnisses (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB), welches die Partei gemäß § 241 Abs. 2 BGB zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf Interessen und Rechtsgüter der anderen Partei verpflichten. Dabei gilt insbesondere, dass eine Partei, die umfangreiche und verklausulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Formularverträge verwendet, verpflichtet ist, einen geschäftsunerfahrenen Vertragspartner über den wesentlichen Inhalt und die Tragweite der Klausel klar und unmissverständlich zu unterrichten. Das gilt insbesondere dann, wo zwischen den beiden Vertragspartnern ein erkennbares Wissensgefälle vorhanden ist. Bei privaten Bauherren kann man davon ausgehen, dass diese keinerlei gesondertes Fachwissen haben.

Der Verkaufsberater habe über die Klauseln vor Vertragsabschluss nichts erläutert. Ein geeigneter Hinweis war aber gerade deshalb erforderlich, weil in den Geschäftsbedingungen des Hausbauunternehmens eine um 100 % höhere Entschädigung als im Gesetz vorgesehen enthalten war. Es hätte deshalb auf jeden Fall vor Unterzeichnung des Vertrages des Hinweises bedurft, dass ein bindender Vertrag unterschrieben wird, und wenn dieser nicht erfüllt wird, erhebliche Schadensersatzleistungen zu bezahlen seien. Dass hier durchaus eine drohende Gefahr bestand, dass eine solche Kündigung möglich war, ergab sich daraus, dass die Interessenten ja noch gar kein Grundstück hatten. Wörtlich führt das Landgericht Berlin aus:

„Der Verkauf von Häusern ohne deutlichen Hinweis auf die Kosten im Falle des § 8 AGB und in Kenntnis des noch nicht vorhandenen Grundstücks beim Besteller ohne jedes Rücktrittsrecht ist Bauernfängerei.“